Northeim (hakö). Wird der Landkreis Northeim zum "Stiefkind" der Landesregierung? Das von SPD/CDU gesteuerte Land Niedersachsen gibt kein Geld für die dringend, oft schon angemahnte, Lärmschutzwand am viel befahrenen Highway A7 in Höhe der Seenplatte, das "Auge des Landkreises". Nach Beendigung des sechsspurigen Ausbaus der stark frequentierten Nord-Süd-Achse wird der Lärmpegel noch unerträglicher, gar zu einer ernsten Belastung für Mensch und Tier. Das sorgt für Ängste. Und die Landesregierung? Die scheint sich zu sagen: "Augen zu und durch. Keinen einzigen Cent für den Lärmschutz!"

Unglaublich das Antwortschreiben von Minister Althusmann aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium an den besorgten Landtagsabgeordneten Christian Grascha (FDP). Angeblich stehen Tourismus-Förderrichtlinien im Wege, lassen keine Mittel zu. Northeim mit seiner Seenplatte wird in Hannover einfach "ignoriert", liegen gelassen. Das blockiert die Entwicklung zu einer blühenden Harz-Weser-Region. Damit wird ein aufstrebender Landkreis regelrecht an den Rand gedrückt, auch aktuell von einer zweifelhaften ZDF-Studie, die dem Kreis Northeim, laut Medienberichten, nur Mittelmaß bescheinige.

Jeder gute Ansatz der Verantwortlichen vor Ort verschwindet im Leineschloß in der Schublade "auf nimmer Wiedersehen", vorbei am Fördertopf. Hoch bezahlten "Landesfürsten" sollte die Röte ins Gesicht steigen. Hauptsache, Diäten werden gezahlt und das bitte rechtzeitig. Menschen in Regionen werden allein gelassen mit ihren Sorgen und Nöten. Ein Abgesang an die Glaubwürdigkeit der Politik. Umdenken ist angesagt.

Das Land "spielt Risiko" mit der Gesundheit der Menschen in der Harz-Weser-Region, im Landkreis Northeim, im Naturraum Seenplatte, eingebunden in das touristische Konzept der Stadt. Lärm macht krank, schreckt zurück. Nicht wenige Besucher kommen zum Beispiel von der Autobahn, suchen Erholung für einen Moment, steigen aus auf dem Parkplatz an den "Seeterrassen", halten sich die Ohren zu, entdecken nur wenige Meter entfernt vorbei rauschende LKW-Kolonnen auf der A7, steigen schnell wieder ein und kommen nie wieder. Krach macht auch aggressiv.

Die Mutter, die mit ihren Kindern am Badestrand spielt, wird von Unruhe geplagt, ruft nach kurzer Zeit: "Kommt Kinder, nur weg hier. Es ist nicht zum Aushalten. Dieser Lärm! Wir fahren ins Freibad." Warum hat man nicht schon längst die Badebucht verlegt auf die andere, Stadt nähere Seite des Sees?

40 Jahre Northeimer Seekommission. Der Geburtstag sollte zum Nachdenken anregen. Was ist zum Beispiel, wenn mal ein Gefahrgut-Transporter über die Leitplanke der A7 bricht und auf die Seewiese stürzt? Sieht man diese Gefahren nicht? Natur, Freizeit und Kiesabbau müssen sich überhaupt nicht ausschließen, wenn jeder Rücksicht nimmt.

Entscheidungen, wie Lärmschutzwand, Seedorf und Weiterentwicklung eines sanften Tourismus rund um den See gehören wohl doch eher in Unternehmerhand. Politik bekommt, so scheint es, zu schnell "feuchte Hände" und liegt weit entfernt des wirklich Machbaren und Gewollten. Ein kreativer, zupackender, kommunikativer Seebeauftragter ist gefragt, ein Manager, der Interessen sondiert und zusammenführt, der auch aus touristischer Sicht den viel befahrenen Leine-Heide-Radweg, das günstige Verkehrswegenetz im Süden Niedersachsens einer größeren Öffentlichkeit zuführt und diese sensibilisiert, um den größt möglichen Nutzen für den Landkreis Northeim heraus zu holen. Immer auch unter Einbindung der rührigen Naturscouts am See und im Leinetal mit dem Polder bei Salzderhelden und den Vogelbeobachtungsstationen, in enger Kommunikation mit der Kernstadt und den benachbarten See-Gemeinden Höckelheim, Hollenstedt, Edesheim und Hohnstedt. Hier wird traditionelles Brauchtum noch hoch gehalten in bester Qualität, eingebunden in eine reizvolle Landschaft  (Fotos).

Entscheidungen sofort, klar und deutlich, unmissverständlich. Das muß das Ziel am See sein. Vor allem schnell, damit wir alle, die von der Seenplatte profitieren, auch überleben können in einer gesunden Naturlandschaft, die den Blick auf Verkehrsinfarkte  versperrt dank Lärmschutzwände.

Der Eichsfelder Unternehmer Hans-Georg Näder (Duderstadt) will für das umstrittene Göttinger Kunstquartier bis zu einer Million spenden, hieß es vor wenigen Tagen. Auch im Landkreis Northeim sollten sich finanzstarke Unternehmen finden lassen, die mit "Spenden-Ideen" die Seenlandschaft als Freizeiterholungsoase am Leben erhalten.

Die Politik mit ihrem plötzlichen "Zurückrudern" nach zuvor vor Ort gemachten vagen Zusagen, kann eigentlich "abtauchen". Hannover sollte zumindest das "Seepferdchen" machen, um sich bei den nächsten Landtagswahlen knapp über Wasser halten zu können, gerade in "Abtauch-Phasen".



Fotos: Hartmut Kölling