Northeim (red). Spätestens mit dem schlechten Abschneiden bei der Europawahl sei es an der Zeit, dass die gesamte Partei ihre Inhalte, Strukturen und Arbeitsweisen nachhaltig überdenkt. Nach einer Reihe vorangegangener, teils empfindlicher Wahlniederlagen wurden insbesondere auf Bundesebene stets Konsequenzen angekündigt, sichtbare Ergebnisse bleiben bislang vorwiegend aus, sieht man von dem konsequenten Rücktritt der bisherigen Bundesparteivorsitzenden Andrea Nahles ab.
Die schwierige Lage, insbesondere im Bund, lasse sich aber definitiv nicht ausschließlich auf personeller Ebene verankern. „Das eigentliche Problem lag in der Vergangenheit darin, das traditionelle Wählerklientel in großen Teilen verprellt und neues Wählerpotential, insbesondere die jungen Menschen, nicht (mehr) angesprochen zu haben. Außerdem hat die Bundeskanzlerin sämtliche Erfolge der Großen Koalition für sich verbucht, während die SPD-Verantwortlichen die SPD-Erfolge nicht standesgemäß verkauften“, so der Northeimer SPD-Ortsvereinsvorsitzende Tobias Meinshausen.
„Der Einstieg in die Große Koalition an sich war aus meiner Sicht schon ein Fehler. Die SPD wurde dort bis heute regelrecht aufgerieben. Eine Regeneration in der Opposition wäre nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl 2017 die wesentlich bessere Lösung gewesen“, ergänzt Meinshausen.
Die SPD habe bisher den Vorteil, dass sie in den Kommunen, insbesondere in der Region, überwiegend fest verankert sei. „Schlägt der Bundes-Trend jetzt auf die kommunale Ebene über, haben wir zur Kommunalwahl 2021 ein Problem. Das gilt es zu verhindern“, resümiert Meinshausen, zugleich auch Ratsherr der Stadt Northeim.
Verhindern lässt sich der Negativ-Trend nur, wenn die SPD sich auch vor Ort von anderen Parteien thematisch absetzt und eine zeitgemäße sozialdemokratische Politik anbietet. Klimapolitik sei beispielsweise ein ganz besonderer Faktor und müsse berücksichtigt werden, betrachtet man die Ergebnisse der Europawahl. „Das kann und darf aber nicht heißen, dass die SPD ihre Kernkompetenzen über Bord wirft und einfach von allem etwas anbietet. Eine gesunde Mischung mit Schwerpunktsetzung macht hierbei eine erfolgreiche Politik aus“, erläutert der Northeimer SPD-Ortsvereinsvorsitzende.
Meinshausen weiter: „Kompromisse stehen in der Regel am Ende eines politischen Diskussionsprozesses, in deren Verlauf jedoch auch klar sein muss, was jede Partei für sich anbietet. Selbstkritisch muss man sagen, dass das auch in Northeim in der Vergangenheit leider nicht immer so geschehen ist. Zum Teil wurden bereits von vornherein Kompromissvorschläge in die Diskussion gegeben. Dadurch waren für die Menschen Unterschiede nur schwer erkennbar.“
Transparente Politik, Vertrauen der Menschen in diese Politik sowie breit gefächertes Personal-Tableau seien der Grundstein für eine erfolgreiche Arbeit in den politischen Gremien. Die Northeimer Sozialdemokrat*innen werden ihre Schlüsse aus der Situation ziehen und sich inhaltlich und strukturell auf die Lösungen der anstehenden Zukunftsfragen einstellen. "Für die SPD insgesamt gilt es, aus kommunaler Stärke zu lernen und endlich das Profil wieder zu schärfen", führt Meinshausen abschließend aus."
Foto: Symbolbild