Schoningen/Spanien: Der Exil-Schoninger Harald Engelhardt (Göttingen) berichtet am 31. Januar um 19 Uhr von seinen Erlebnissen und Erfahrungen auf dem Jakobsweg. Nach dem großen Erfolg in Göttingen werden nun in Schoningen viele Interssierte seinem bebilderten Vortrag folgen. Worin bestand der Reiz ? Was bewegte Menschen dazu, sich im Geiste, also virtuell, auf den Weg des Pilgers einzulassen und ihn mitzugehen?
Denn eine solche 40-tägige Wanderung ist kein beschaulicher Spazierweg mit leichtem Gepäck, kein Urlaubsvergnügen, das abends in einer noblen Unterkunft endet. Der vollgepackte Rucksack wird nicht von Herberge zu Herberge transportiert. Er wandert mit. Bei schlechtem Wetter wartet man nicht den nächsten trockenen Tag ab, sondern stülpt die Regenhaut über alles, was man mit sich führt. Zwischen 25 und 30 Kilometer Wegstrecke stehen täglich auf der Agenda, wenn man – wie Harald Engelhardt – die knapp 800 km zwischen der französischen Grenze und Santiago de Compostella in 40 Tagen bewältigen will und dann auch noch „zum Ende der Welt“ ( Finisterre ) vordringen möchte.
Was treibt den Pilger, der sich diese Plackerei zumutet, der Gelenk- und Muskelschmerzen billigend in Kauf nimmt und spätestens am vierten Tag nach Beginn des Weges mit Blasen an den Füßen zu kämpfen hat? Harald Engelhardt nannte einige Motive, die den Wanderer bewegen können: die atemraubende Natur, die Begegnung mit Menschen der verschiedensten Länder und Kulturen, die Zusammenkunft mit ihnen bei landestypischen Mahlzeiten am Abend, die Selbsterfahrung auf alltagsferner Wander- schaft, die Sehnsucht nach einer Auszeit, das Nachdenken über den Sinn des Lebens, die Suche nach Gott. Das Knäuel der unterschiedlichen Motive wird wohl nie ganz zu entwirren sein; den Sinn des Pilgerns kann man nicht von vorneherein eindeutig bestimmen und vorgeben. Er ist eine Gleichung mit mehreren Unbekannten: Der Weg braucht Mut, Entschlossenheit, Disziplin und eine robuste körperliche Verfassung. Die Länge des Weges verlangt Ausdauer, die Bereitschaft, Durststrecken durchzustehen, Willensstärke und Zielspannung.
Harald Engelhardt wird diese Kriterien zurückhaltend andeuten. Er wird die Bilder sprechen lassen: die Sonnenaufgänge, die Sonnenuntergänge, die Kirchen und Kathedralen als steinerne Glaubenszeugen, die unendlich weiten Ebenen die wogenden Felder, die kunstvoll gegossenen Kanaldeckel, die flirrende Hitze, die tropfenden Schirme, die dunklen Bergketten und die fernen Horizonte.
Er hat von Weggefährten berichtet, mit denen er ein Stück des Weges gemeinsam wanderte, von Wanderfreunden, die er verloren und wiedergefunden hat, von Freundschaften, die die Reise überdauerten. Und er hat den Betrachter und Zuhörer des Berichts mit der unausgesprochenen Frage entlassen: Was hat dich denn fasziniert an dem Pilgerweg, der 40 Tage Wandererfahrung auf zwei Stunden verdichtete? Was nimmst du an Eindrücken mit, wo wurde deine Seele berührt, wo wurde etwas von der Sehnsucht wachgerufen, diese Alltagswelt hinter sich zu lassen und nach dem Saum der Unendlichkeit zu haschen, die wir ahnen können, wenn wir unterwegs sind? Ist der Weg das Ziel? – Harald Engelhardt ist ans Ziel gekommen – bis ans „Ende der Welt“. Das nächste Ziel ist die Turnhalle in Schoningen am 31. Januar um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.