Northeim (hakö). Das war eindrucksvoll, in weiten Teilen nachvollziehbar und wird, wie gewünscht, jede Menge Diskussionen zur Folge haben. Die Standortgemeinschaft präsentierte am Dienstag ein sehr umfangreiches Verkehrskonzept für die Innenstadt von Northeim. Vor Medienvertretern erläuterten City-Manager Alexander Rudnick, Geschäftsführer des beauftragten Büros, und Vertreter der Gemeinschaft, ihre Ideen und Wege, und das nach längerem internen Diskussionsprozess, wie es hieß, um Northeims Kernbereich wieder attraktiver zu machen als Einkaufsstadt und Wohnort.

Das der News-Redaktion in vollem Umfang vorliegende Konzept soll nun umgehend aktiv den Ratsfraktionen zugeleitet werden und der Verwaltungsspitze mit Bürgermeister Simon Hartmann offiziell übergeben werden.

Alexander Rudnick: "Wir glauben, daß Northeim nicht nur Kreisstadt, sondern auch Einkaufsstadt ist und haben überlegt, wie der Einzelhandel in der Innenstadt erreicht werden kann. Hier, in Northeim, gibt es keinen Konsumentendruck. Die Innenstadt muß mindestens so gut erreichbar sein, wie die Angebote in der Fluth. Ansonsten stirbt die Innenstadt als Einkaufsstadt. Übrigens: Das Parkhaus ist wirklich ein Pfund. Jetzt können Verwaltung und Politik weitermachen. Es wird in 2020 intensiver Diskussionen bedürfen. Es gibt kein Konzept mit der Brechstange. Die kleinen Dinge sind es, die eine große Wirkung erzielen".

Bernd Sommer, Vorstandsmitglied der KSN: "Uns geht es primär darum, mit diesem Basis-Konzept ein deutliches Zeichen zu setzen für die Innenstadtattraktivität mit Neuzuschnitt der Fußgängerzone. Der KSN-Parkplatz wird für unsere Kunden frei gemacht. Wir begrüßen das Verkehrskonzept und wünschen eine lebhafte, konstruktive Diskussion".

Ulf Ohlmer: "Die Haltestelle für den Busverkehr an der Stadthalle wird verlegt an die Gardekürassierstraße. Wir wollen auf den zentralen Plätzen gern mehr Gastronomie. Zur Zeit beobachten wir eine Art" Wildwest" in der Fußgängerzone. Da muß mehr Ordnung rein. Wir wollen mehr Fahrradfahrer in die Innenstadt bekommen. Nach vielen Worten muß nun endlich was passieren".

Katharina Franzke, Geschäftsführerin Wohnen in Northeim: "Northeim bietet viel für Fahrradfreunde. Man kann schnell unterwegs sein. Es sollte versucht werden, Einbahnstraßen für Radfahrer in beide Richtungen zu öffnen".

Alexander Rudnick: "Es gibt aktuell 1.200 Parkplätze in der Innenstadt. Das reicht. Es sollte nachgedacht werden über" Halbstunden-Parkplätze". Unser Konzept zeigt deutlich den Ringverkehr. Dieser stammt übrigens aus den 70er Jahren, wurde erfolgreich in Südeuropa angewandt. Zum Beispiel in Bologna".

Verkehrskonzept für die Innenstadt von Northeim:

"ERLÄUTERUNG KONZEPT

1 Allgemeines

Die Innenstadt von Northeim ist geprägt von historischer Bausubstanz mit zum Teil engen Straßen und Gassen. Mit der Breiten Straße und der Mühlenstraße / Wieterstraße durchqueren zwei Straßenachsen die Innenstadt in Nord-Süd- bzw. in West-Ost-Richtung. Diese Straßenachsen sind auf einer Länge von circa 450 m (West-Ost-Richtung) bzw. circa 190 m (Nord-Süd-Richtung) als Fußgängerzone ausgewiesen und nur für zugelassene Verkehre zu bestimmten Zeiten befahrbar. Innerhalb der Fußgängerzone befindet sich eine Vielzahl von Geschäftsräumen und Restaurants, die zum Teil leer stehen. Auch zwei Hotelbetriebe liegen innerhalb der Fußgängerzone. Größte Anziehungspunkte in der Northeimer Innenstadt sind das in den 1970 er Jahren errichtete City-Center sowie die Hauptgeschäftsstelle der Kreissparkasse Northeim.

Mit dem Verkehrskonzept für die Innenstadt soll versucht werden, die Erreichbarkeit der Ladengeschäfte zu verbessern und damit die Attraktivität der Innenstadt zu steigern. Gleichzeitig soll durch eine entsprechende Verkehrslenkung weiterhin eine ungehinderte Durchfahrbarkeit der Innenstadt mit dem Auto unterbunden werden.

2 Gegenwärtige Situation

Die Innenstadt von Northeim ist gut in den Stadtbusverkehr eingebunden. Alle Stadtbuslinien halten im Innenstadtbereich, unter anderem an den Haltestellen „Hinter der Kapelle“, „Markt“ oder „Katasteramt“. Auch die Überlandlinien haben mit der Haltestelle „Gardekürassierstraße“ eine innenstadtnahe Haltestelle. 

Zwei Stadtbuslinien werden über die Mühlenstraße / Wieterstraße durch die Fußgängerzone geführt. Die übrigen Stadtbuslinien nutzen den Straßenzug Mühlenstraße – Am Klostergarten – Medenheimer Straße – Bahnhofstraße. Im Bereich der Einmündung Bahnhofstraße – Medenheimer Straße ist es aufgrund der baulichen Randbedingungen erforderlich, den Busverkehr mittels einer Pförtnerampel zu führen. Die Fußgängerzone ist mittels Beschilderung für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrt. Ausnahmefahrten für Lieferverkehr, Fahrradverkehr und Anlieger (zum Be- und Entladen) sind in dem Zeitraum zwischen 18.30 Uhr bis 11.00 Uhr zugelassen. Hotelübernachtungsgäste können uneingeschränkt zufahren. Bauliche Anlagen zur Sperrung der Fußgängerzone existieren nicht. Das hat zur Folge, dass die Fußgängerzone häufig von nicht autorisierten Kraftfahrzeugen als Durchfahrtsstraße oder als direkter Weg zu den Geschäften in der Fußgängerzone genutzt wird.

Der allgemeine Kraftfahrzeugverkehr wird über die Straßenzüge rund um die Fußgängerzone geführt und so zu den sich dort befindlichen öffentlichen Stellplätzen geleitet. Die gewachsene Struktur weist eine Vielzahl von Einbahnstraßenregelungen auf, die teilweise aufgrund der schmalen Verkehrsräume erforderlich sind bzw. auch als verkehrslenkende Führung genutzt werden.

3 Verkehrsführung Öffentlicher Personennahverkehr - Konzept

Die Führung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erfolgt bereits heute zentrumsnah, und mit den einzelnen Haltestellen ist die Innenstadt von Northeim somit gut mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreichbar. Dieses gilt sowohl für den Stadtbusverkehr als auch für die Überlandlinien. 

Um den Einmündungsbereich Bahnhofstraße / Medenheimer Straße als westliches Eingangstor zur Innenstadt attraktiver gestalten zu können, sollen die Stadtbuslinien über den Straßenzug Medenheimer Straße – Friedrich-Ebert-Wall – Gardekürassierstraße geführt werden. Diese nutzen zusammen mit den Überlandlinien die vorhandenen Haltestellen in der Gardekürassierstraße bzw. erhalten in der Bahnhofstraße eine neue Haltestelle. Hierfür wird die vorhandene Haltestelle „Gardekürassierstraße Süd“ westlich der Einmündung verlegt. Die vorhandenen Haltestellen im Zuge der Gardekürassierstraße sind entsprechend dem zusätzlichen Fahrgastaufkommen anzupassen.

Zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Fußgängerzone sind für die Fußgänger gesicherte Querungsmöglichkeiten entlang der Bahnhofstraße zu schaffen.

4 Verkehrsführung Individualverkehr - Konzept

Zur Steigerung der Attraktivität der Innenstadt besteht der Wunsch seitens der Standortgemeinschaft, die Straße Am Münster sowie die Breite Straße für die abschnittsweise Nutzung durch den Individualverkehr, also den allgemeinen privaten Verkehr, umzugestalten. So soll nach dem vorliegenden Konzept die Verkehrsführung innerhalb der Innenstadt teilweise im Ringverkehr erfolgen.

Aus westlicher Richtung wird der Kraftfahrzeugverkehr über den Straßenzug Bahnhofstraße – Am Münster – Kurze Straße – Zwinger im Einrichtungsverkehr (Einbahnstraße) geführt. Die vorhandenen öffentlichen Stellplatzanlagen im Zuge der Straße Zwinger sind somit aus östlicher Richtung weiterhin erreichbar. Ein weiterer Ringverkehr wird, aus östlicher Richtung kommend, über den Straßenzug Breite Straße – Kirchstraße – Hagenstraße – Wieterstraße eingerichtet. Der dritte Ringverkehr wird zukünftig über die Breite Straße – Schaupenstiel – Hagenstraße – Kirchstraße eingerichtet.

Diese drei Ringverkehre werden über die Hagenstraße und die Obere Straße in westliche Richtung über Einbahnstraßen miteinander verbunden. Ein vierter Ringverkehr ist über den Straßenzug Obere Straße – Hagenstraße – Wieterstraße vorgesehen. So bleibt die vorhandene Kindertagesstätte an der Oberen Straße aus westlicher Richtung erreichbar. Der Streckenabschnitt der Oberen Straße zwischen Schaupenstiel und Hagenstraße wird zukünftig nur noch aus Richtung Schaupenstiel als Einbahnstraße nutzbar sein. So kann der augenscheinlich vorhandene Schleichverkehr zwischen der Wieterstraße und der Straße In der Fluth über die Mauerstraße / Häuserstraße unterbunden werden. 

Die Wieterstraße sowie die Wallstraße bleiben zwischen der Oberen Straße und der Wilhelmstraße bzw. Friedrichsstraße weiterhin in beide Richtungen befahrbar. In den nördlich der Fußgängerzone gelegenen Straßenzügen bleibt die vorhandene Verkehrsführung größtenteils bestehen und wird nur in kurzen Straßenabschnitten angepasst. So wird die Richtung  der Einbahnstraße im Zuge der Stubenstraße zwischen Unterer Straße und Neustadt umgedreht, um so den „Abkürzungsverkehr“ aus der Straße Neustadt in Richtung Friedrich-Ebert-Wall zu verhindern. 

Der Markt, in Verlängerung der Mühlenstraße, bleibt weiterhin für den Individualverkehr gesperrt. Über den Markt soll zukünftig weiterhin nur der ÖPNV abgewickelt werden.

Die Breite Straße zwischen Kurze Straße und Wieterstraße sowie die Alte Poststraße und der Markt sollen nach dem vorliegenden Konzept weiterhin als Fußgängerzone ausgewiesen bleiben. Hier kann lediglich der Lieferverkehr in noch festzulegenden Tageszeiten abgewickelt werden. Zusammen mit der Umsetzung des Verkehrskonzeptes ist der ruhende Verkehr in den einzelnen Straßenzügen zusammen mit der zuständigen Verkehrsbehörde und ggf. auch mit der Feuerwehr zu betrachten und anzupassen. So wird es erforderlich, teilweise Parkstreifen aufzuheben bzw. zu verlegen, um zum Beispiel das Befahren der Einsatzkräfte zu ermöglichen oder die Öffnung der Einbahnstraßen für den Fahrradverkehr. Um ein unbefugtes Befahren der Fußgängerzone zu unterbinden sowie für eine mögliche zeitlich begrenzte Absperrung der Innenstadt, z.B. für Großveranstaltungen, sind an entsprechenden Straßenabschnitten hydraulisch versenkbare Poller vorgesehen, die durch ihre moderne Steuerung flexibel eingesetzt werden können.

5 Verkehrsführung Radfahrer - Konzept

Im Innenstadtbereich werden Radfahrer weiterhin auf der Fahrbahn geführt. Dieses ist unter anderem auch dem zur Verfügung stehenden Verkehrsraum geschuldet. Weiterhin lässt die Verkehrsdichte sowie die durchschnittliche Geschwindigkeit des KFZ-Verkehrs eine Radfahrerführung auf der Fahrbahn im Mischverkehr, zusammen mit dem motorisierten Verkehr, zu. Es ist in einem weiteren Planungsschritt zu prüfen, ob die Einbahnstraßen für den Radverkehr freigegeben werden können. Die Fußgängerzone wird im Zuge der Breiten Straße, zwischen Kurze Straße und Wieterstraße auf einer Länge von circa 120 m aus Gründen der Verkehrssicherheit zukünftig für den Radverkehr gesperrt. 

Zur besseren Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Fahrrad aus Richtung Süden soll die Wieterstraße als Vorzugstrasse für den Fahrradverkehr hergerichtet werden. So sind die vorhandenen Längsparkstreifen im Zuge der Wieterstraße, zwischen der Oberen Straße und der Hagenstraße aufzuheben. Unter Beachtung der vorhandenen Gefällesituation wird für den stadtauswärts fahrenden Fahrradverkehr ein Schutzstreifen auf der Fahrbahn angelegt. Zur weiteren Steigerung der Attraktivität des Radverkehrs sollen im Bereich bzw. in der Nähe der Fußgängerzone weitere Abstellmöglichkeiten (Fahrradanlehnbügel, ö.ä.) für Fahrräder geschaffen werden. 

Drei Abstellbereiche in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone sollen durch Ergänzung mit Schließfächern, Lademöglichkeiten für E-Bikes / Pedelecs sowie einer Servicestation mit Werkzeug und Luftpumpe zu Rad-Service-Stationen aufgewertet werden.

6 Umsetzung des Verkehrskonzeptes

Mit der Umsetzung des Verkehrskonzeptes für die Innenstadt werden die Wege zu den Geschäften und den darüber liegenden Wohnungen für Kunden und Bewohner verkürzt und die Attraktivität des Standortes Northeim für Gewerbetreibende erheblich verbessert. Für die Kreissparkasse Northeim ergibt sich die Möglichkeit, ihren Parkplatz direkt am Hauptgebäude für ihre Kunden zu öffnen. 

Es besteht aber weiterhin die Möglichkeit, den Innenstadtbereich für Großveranstaltungen für den Individualverkehr zu sperren. Gleiches gilt für eine tageszeitabhängige Sperrung der Breiten Straße. So besteht zum Beispiel mit dem Einsatz der hydraulisch versenkbaren Poller die Möglichkeit, die Breite Straße außerhalb der Geschäftszeiten für den Individualverkehr zu sperren. Die Erreichbarkeit für Anwohner aber auch für die Rettungskräfte bleibt bestehen. Des Weiteren werden Anreize geschaffen, das Fahrrad für Fahrten in die Innenstadt zu nutzen. Mit der Öffnung der Einbahnstraßen und durch attraktive Abstellmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zu den Geschäften werden die Wege zu den Geschäften verkürzt."

Fotos: Hartmut Kölling und Alexander Rudnick