Northeim (lpd). Als wichtiger bundesweiter Probealarm aller verfügbaren Warnmittel war er angekündigt. Die Umsetzung wurde den hohen Erwartungen dann aber nicht gerecht. Der Landkreis Northeim und die Kreisfeuerwehr ziehen deshalb ein gemischtes Fazit. Das Bundesinnenministerium hat den bundesweiten Probealarm als „fehlgeschlagen“ bezeichnet. Inzwischen hat das BBK (Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenhilfe) bekannt gegeben, warum die Warnapps, wie zum Beispiel BIWAPP, nicht angeschlagen haben. Vorgesehen war, dass das BBK um 11 Uhr Alarm auslöst, der dann über das Modulare Warnsystem (MoWaS) unter anderem an die Warnapps ausgespielt werden sollte.

Entgegen der Vereinbarungen sind allerdings 52 Meldungen durch verschiedene Behörden zeitgleich ausgelöst worden. Das System hat dieser Spitzenlast nicht standgehalten. Technisch gesehen war die Belieferung durch das MoWaS-System vergleichbar mit einer „DDos-Attacke“. Hacker nutzen diese Vorgehensweise, um Web-Server und andere Systeme lahmzulegen, indem sie sie mit massenhaften Anfragen regelrecht bombardieren. So hat es der Anbieter der Warnapp BIWAPP, die auch der Landkreis Northeim nutzt, beschrieben. Der Totalausfall der Warnapps ist deshalb bitter, weil sie für den Landkreis Northeim und die Kreisfeuerwehr das wichtigste Instrument zur Warnung der Bevölkerung darstellen. „Dieser Ausfall war vermeidbar und hat dem Vertrauen der Bevölkerung in die Apps massiv geschadet“, erklärt Holger Schulz, Leiter des zuständigen Fachbereichs „Brand- und Katastrophenschutz“ beim Landkreis Northeim.

Ein Szenario, in dem es eine bundesweite, zeitgleiche MoWaS-Alarmierung mehrerer Stellen in dieser Größenordnung geben würde, ist seiner Einschätzung nach unwahrscheinlich. Und auch bei Gefahren, die über einen lokalen Raum hinausgehen ist nicht zu erwarten, dass mehrere Leitstellen genau zeitgleich Alarm auslösen und das System so erneut überlasten könnten. Mit lokalen Hinweisen und Meldungen durch die Warnapp hat der Landkreis Northeim gute Erfahrungen gemacht und wird deshalb grundsätzlich an der Warnapp festhalten. Der Service der App soll dahingehend ausgearbeitet werden, dass auch ungeplante, kurzfristige Straßensperrungen angezeigt werden. Darüber stimmen sich derzeit der Landkreis Northeim mit seiner Einsatzleitstelle, der Polizei und dem Kreisbrandmeister ab.

Neben der Warnung über die Apps ging es aber auch um den Sirenenalarm. Rund 200 Sirenen der Städte und Gemeinden sind inzwischen mit digitalen Meldeempfängern ausgestattet. Vor der Umrüstung konnten sie ausschließlich für eine Alarmierung der Feuerwehren eingesetzt werden. Jetzt ist zusätzlich eine Warnung und Entwarnung der Bevölkerung möglich. Eine Sirenenwarnung kann dabei kreisweit erfolgen, aber auch für einzelne Ortschaften. Bis auf drei Anlagen, von denen Störungen gemeldet wurden, haben alle Sirenen ausgelöst. Dazu gehört unter anderem eine Sirene im nördlichen Bereich der Stadt Northeim. Kreisbrandmeister Marko de Klein ist mit diesem Teil des Probealarms zufrieden: „In der letzten Woche konnten wir die Ansteuerung der umgerüsteten Sirenen erstmals testen. Technisch hat das einwandfrei funktioniert. Jetzt müssen wir prüfen, was konkret verbessert werden kann.“

Deshalb sind alle Ortsbrandmeister aufgefordert zu melden, ob und wie der Sirenenalarm in ihren Orten erfolgt ist. In Abstimmung mit der Leitstelle wird der Kreisbrandmeister die Rückmeldungen auswerten und dabei auch die zahlreichen Hinweise der Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Netzwerken einfließen lassen. Dass die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern funktioniert hat, macht ein weiteres Beispiel deutlich: Nur ein Bürger hat sich über einen Anruf bei der 112 danach erkundigt, was der Sirenenalarm bedeutet. Die gezielten Informationen an Schulen sowie Alten- und Pflegeheime, aber auch die Infos über die Medien und Tageszeitungen scheinen also bei der Bevölkerung angekommen zu sein, die zurecht auf eine Warnung gewartet haben. Das oberste Ziel der Landrätin ist es nun, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen: „Ich kann mir vorstellen, losgelöst vom Bund einen Probealarm zur Warnung der Bevölkerung in unserer Region zu etablieren“, so die Landrätin. Das würde einen Test unter recht realen Voraussetzungen darstellen. Sie bleibt darüber in engem Austausch mit den beteiligten Akteuren.